Arbeitswelt & Karriere

HR-Trends und wichtige Themen für 2023

Ob ein Thema ein HR-Trend ist oder nicht, wird unter anderem vom medialen Interesse bestimmt, mithin teilweise künstlich erzeugt. Viel spannender sind jedoch diejenigen Themen, die für die Unternehmenspraxis in der Fläche immer wichtiger werden. Ein Blick auf das Jahr 2023 von Persoblogger Stefan Scheller.

Hybrides Arbeiten – weiter voran oder Rolle rückwärts?

Der große Hype um hybrides Arbeiten ist in gleichem Maße zurückgegangen wie die Berichterstattung zur Corona-Pandemie. Zahlreiche Unternehmen haben ihre Working Policies dahingehend angepasst, dass eine Klarstellung erfolgte, wie mobile Arbeit und Homeoffice zukünftig gelebt werden sollen. Nach aktuellen Umfragen bieten zwar die meisten der Unternehmen auch weiterhin die Möglichkeit, temporär mit rein digitaler Anbindung zu arbeiten. Jedoch gibt es auch einen Trend, verstärkt wieder die Offices und Werksgebäude der Organisation zu nutzen.

Dem HR-Bereich kommt im Jahr 2023 die Rolle zu, die Erkenntnisse zum hybriden Arbeiten zu nutzen, um eine langfristige und deutlich ganzheitlichere Strategie in Richtung „New Ways of Working“ zu entwickeln. Dabei spielen zwar Arbeitsort und Zeit eine wichtige Rolle, aber auch der Grad der Selbstorganisation und Eigenverantwortung, moderne Führung oder beispielsweise die Vergütungsstruktur sollten stärker in den Fokus rücken.

Mitarbeitendengesundheit – auch nach Corona ein Top-Thema

War das Thema Gesundheit der Belegschaft während der Corona-Pandemie nachvollziehbarerweise ganz oben auf der Prioritäten-Liste von HR, erreicht betriebliches Gesundheitsmanagement nunmehr eine Art gesteigerte Produktivität in den Linienfunktionen. Das Bewusstsein für die körperliche und geistige Gesundhaltung der Mitarbeitenden ist deutlich gestiegen – muss aber nun in ganzheitliche Konzepte überführt werden.

So ist das Thema am besten einzureihen in eine lebensphasenorientierte Personalstrategie. Denn über den gesamten Zyklus des Mitarbeitenden-Daseins (engl. Employee Life Cycle) hinweg ist Gesundheit eine der Basis-Voraussetzungen für Arbeitsfähigkeit. Klassische HR-Maßnahmen wie Gesundheits-Aktionstage, gesunde Ernährung oder Sportangebote werden nunmehr erweitert um moderne, häufig webgestützte Services, beispielsweise Vermittlungsplattformen für fachärztliche Praxen, Coaching oder Beratungsstellen in Fällen besonderer Belastungssituationen.

Erste Kontaktpunkte mit künstlicher Intelligenz im HR

Während im Ausland der Einsatz digitaler Tools auf Basis künstlicher Intelligenz häufig bereits zum Alltag von HR-Abteilungen gehört, hinkt Deutschland in dieser Hinsicht deutlich hinterher. Durch den medialen Hype um ChatGPT, einem webbasierten Chatbot, der in Echtzeit natürlichsprachlich auf Fragen und sonstige Eingaben reagiert, stehen HR-Verantwortliche jetzt vor der Herausforderung, sich dazu eine Meinung zu bilden.

Selbst wenn es sich bei Systemen wie ChatGPT weiterhin um eine sogenannte „schwache KI“ handelt, die nicht aus sich selbst heraus lernt oder sich selbst verbessert, sind die damit schon heute erzielbaren Ergebnisse zumindest beeindruckend.

Um nur ein kleines Beispiel zu nennen: Wenn Bewerberinnen und Bewerber mittels solcher Chatbots zukünftig nahezu automatisiert individuelle Schriftstücke wie Anschreiben, Motivationsschreiben usw. erstellen können, welche Rolle dürfen diese zukünftig überhaupt noch in Rekrutierungsprozessen spielen? Zugegeben, schon heute ist die vermeintliche Aussagekräftigkeit eines solchen Schriftstücks in puncto „Prüfung der Passgenauigkeit der verfassenden Person mit einer im Unternehmen ausgeschriebenen Stelle“ nahezu null. Dennoch halten viele HR-Verantwortliche immer noch daran fest.

Aber ein Umdenken kommt in Gang. Vermutlich beschleunigen solche Systeme den Sinneswandel im HR deutlich – vergleichbar mit dem Katalysator-Effekt von Corona mit Blick auf die digitale Zusammenarbeit sowie die Verbreitung mobiler Arbeit.

Und dabei sprechen wir hier noch nicht einmal über eine wertschöpfende Nutzung von KI in der Personalarbeit selbst.

Recruiting-Herausforderungen bleiben bestehen

Manche Personalverantwortliche mögen mit dem Eintritt in die „Multikrisen“-Situation sowie dem gleichzeitig propagierten „Big Quit“ zur Ansicht gekommen sein, dass die Recruiting-Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt wieder etwas weniger werden. Doch diese Hoffnung dürfte sich auch 2023 nicht erfüllen.

Zwar werden aus betrieblichen Gründen bei einer nicht unerheblichen Anzahl von Unternehmen Mitarbeitende entlassen, um eine wirtschaftliche Schieflage zu vermeiden. Allerdings dürften die vielen Vakanzen damit nicht automatisch zu füllen sein. Neben den weiter fortschreitenden demografischen Effekten mit dem altersbedingten Austritt einer Vielzahl von Menschen aus dem Arbeitsmarkt, dürfte sich der Zuzug ausländischer Fachkräfte nach Deutschland (sowie deren tatsächliche Integration in den Arbeitsmarkt!) schwieriger gestalten als erhofft. Auch sind Fachkräfte nicht zwangsläufig flächendeckend in ganz Deutschland verfügbar. Trotz vermehrter Remote-Arbeit sind viele Jobs weiterhin nur an festen Orten verteilt über die Republik zu vergeben.

Auch wenn volkswirtschaftlich in vielen Bereichen zwischenzeitlich gar von einem generellen Arbeitskräftemangel gesprochen werden kann, muss das für ein einzelnes Unternehmen nicht zwangsläufig gelten. Voraussetzung ist aber eine hochprofessionelle und moderne HR-Arbeit im Recruiting, flankiert von Maßnahmen im Employer Branding und Personalmarketing.

Insofern sind Unternehmen dem Fachkräftemangel nicht automatisch unterworfen. Mit dem notwendigen Know-how und gegebenenfalls externer professioneller Unterstützung lässt sich auch in puncto Personalgewinnung das eigene Unternehmen im Jahr 2023 weiter zukunftsfähig aufstellen.

von Stefan Scheller

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