Arbeitswelt & Karriere

Mitarbeitendenbindung: Worauf es wirklich ankommt

Die erfolgreiche Bindung von Mitarbeitenden ist eine der wichtigsten Herausforderungen der nächsten Jahre. Für viele Unternehmen und Organisationen wird sich daran entscheiden, ob es gelingt, wirtschaftlich erfolgreich zu sein und zu wachsen.

Umso wichtiger ist es daher, genau zu identifizieren, welche Faktoren die Mitarbeitendenbindung beeinflussen. Der aktuelle Hays HR-Report 2023 kann hier einige aufschlussreiche Erkenntnisse liefern und zeigt die aktuellen Trends und Herausforderungen im Bereich HR auf.

New Work hin oder her – Geld zählt!

In der Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahrzehnten viel verändert. Wir befinden uns in einem konstanten Wandel. Wenig überraschend dürfte daher auch die Erkenntnis sein, dass Mitarbeitende heute veränderte Anforderungen an ihre Arbeitgebendeorganisation haben. Neben den immer wiederkehrenden Motiven wie Gehalt spielen seit einigen Jahren aber einige Faktoren wie z.B. das Arbeiten im Homeoffice (bzw. Remote Work) eine wichtige Rolle. Viele dieser Veränderungen werden heute in dem Begriff New Work zusammengefasst. Und ja: Es ist wichtig, zur Kenntnis zu nehmen, dass sich die Welt verändert hat, und dass man die daraus resultierenden Bedürfnisse aufzugreifen ist wichtig. In meinem Buch „New Work Bullshit“ (FAZ 2021) habe ich die Hintergründe ausführlich dargestellt. Der Wunsch nach Homeoffice, Entspannungsbereichen und Fruchtkörben könne den Wunsch nach einer marktgerechten guten Entlohnung nicht ersetzen. Der häufigste in unserer aktuellen Hays-Studie genannte Grund, den Arbeitgeber zu wechseln, ist der Eindruck, nicht ausreichend gut bezahlt zu werden. Überrascht Sie das? Fakt ist: Eine kompetitive Entlohnungsstruktur ist nach wie vor eine notwendige, wenn auch keine hinreichende Bedingung für eine erfolgreiche Retentionsstrategie. Daher rate ich auch zu mehr Gelassenheit im Umgang mit modernen Trends in der Wirtschaft. Welche neuen Ideen und Instrumente machen für das eigene Unternehmen tatsächlich Sinn, ohne dabei die Basics aus den Augen zu verlieren? Denn eine gesunde Unternehmenskultur, faire Führung, klare Unternehmenskommunikation und marktgerechte Bezahlung bleiben Evergreens.

Aktuelle Veränderungen im Themenbereich Gehalt sind der zunehmende Wunsch, dass die Entlohnungsstruktur in Unternehmen transparent ist. Meine Empfehlung: Beginnen Sie damit bereits in der Stellenbeschreibung. Auch Ideen wie die Beteiligung der Mitarbeitenden am Unternehmenserfolg erfreuen sich immer größerer Beliebtheit.

Mitarbeitendenbindung ist eine Frage des Betriebsklimas

War ein nicht ausreichendes Gehalt der wichtigste Punkt, ein Unternehmen zu verlassen, sehen unsere Befragten das Betriebsklima bzw. die Unternehmenskultur als wichtigstes Werkzeug, um Mitarbeitende an das Unternehmen zu binden. Unter den wichtigsten genannten Punkten finden sich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, flexible Arbeitszeiten und natürlich die viel beschworene Work-Life-Balance. Ein Beispiel: Sie wollen hochqualifizierte Professionals mit ein paar Jahren Berufserfahrung anziehen, die bereit sind, anspruchsvolle Projekte unter Druck umzusetzen. Wo bringen diese ihre Kinder während ihrer Arbeitszeit unter? Mögliche Antworten: Flexible Arbeitszeiten, um sich besser mit dem Partner oder der Partnerin absprechen zu können, Homeoffice bzw. Remote Work, aber vor allem braucht es Führungskräfte, die bereit sind, an den richtigen Stellen Kompromisse zu schließen. Der wichtigste Punkt hier ist jedoch, dass die Mitarbeitenden merken, dass sich ihr Arbeitgeber in ihre Lage hineinversetzt und wirklich bereit ist, etwas zu geben. Das ist die Art von Zusammenarbeit, die Loyalität, also Bindung, erzeugt. Wichtig ist zudem, dass die Kultur als „echt“ erlebt wird. Organisationen sollten keine künstlichen „Kultur-Kulissen“ bauen, die beim nächsten Windstoß – beispielsweise einer temporär schwierigen Marktlage – gleich wieder umfallen.

Bindung an Personen, nicht Institutionen

Die Veränderungen der Arbeitswelt haben viele weitere, teils subtilere Veränderungen mit sich gebracht, die hochrelevant für die erfolgreiche Mitarbeitendenbindung sind. War es früher für viele Menschen normal, einen Job zu finden und dann für Jahrzehnte oder gar ein Leben lang beim gleichen Unternehmen zu bleiben, besteht eine heutige Erwerbsbiografie typischerweise aus unterschiedlichen beruflichen Stationen. Die Frage ist nicht, ob das Arbeitsverhältnis mal endet, sondern wann. Im Kontext der Rekrutierung von Mitarbeitenden trägt dieser Umstand zur zunehmenden Bedeutung des Themenkomplexes "Weiterbildung" bei. Die Frage aus Sicht der Mitarbeitenden lautet: Wenn ich mich bei euch weiterentwickle, stehe ich dann besser da als zuvor? Steigert ihr meinen Marktwert? Traditionelle Loyalitätsstrukturen gegenüber dem Unternehmen als Organisation sowie damit einhergehende arbeitsethische Vorstellungen sind weitaus fluider. Es ist nicht mehr der "Arbeitgeber", der dem "Arbeitnehmer" oder der „Arbeitnehmerin“ eine Stelle "gibt". Heute treten Unternehmen und Mitarbeitende vermehrt in ein transaktionelles und zumindest implizit auf Zeit ausgelegtes Verhältnis. Selbst wenn auf dem Arbeitsvertrag „unbefristet“ steht, ist die Zusammenarbeit dennoch häufig auf eine gewisse Zeitspanne begrenzt. Und das auch zunehmend einseitiger von der Seite der Arbeitnehmenden, nicht umgekehrt.

Führungskräfte sind in der Pflicht

Interessant ist, dass wir dies aus einem Generationeneffekt heraus beobachten können: Je jünger unsere Befragten, desto geringer die Bindung an die Organisation und desto wichtiger die emotionale Bindung an Personen, insbesondere auch über das Verhältnis zu den Führungskräften. Ein schlechtes Verhältnis zu den Führungskräften ist der zweithäufigste Grund, ein Unternehmen zu verlassen. Mitarbeitende erwarten, dass ihre Leistung von ihrer Führungskraft anerkannt und geschätzt wird. Sie wünschen sich einen fairen Umgang und dass sich ihre Führungskraft ausreichend Zeit für ihre Anliegen nimmt. Für die Unternehmensführung ergeben sich daraus eine Reihe von wichtigen Punkten bei der Ausgestaltung der eigenen Retentionsstrategie: Soziale Kompetenz muss bei der Auswahl von Führungskräften noch wichtiger werden. Die Führungskraft muss über zeitliche Spielräume und Puffer verfügen, statt vom oberen Management mit übermäßigen, transaktionalen Workload erstickt zu werden. Das Verhältnis Führungskraft-Mitarbeitende sollte kooperativ und nicht antagonistisch angelegt sein. Ein Unternehmen muss herausfinden, wie es seine Führungskräfte befähigt, diese bindende Rolle optimal zu erfüllen. Das heißt, dass diese zunehmende Verantwortung im Aufgabenprofil der Führungskräfte nicht einfach dazukommen darf, es müssen entsprechende Freiräume geschaffen werden. Nur so kann zeitgemäße Führung erfolgreich gelingen.

Neben Gehalt, Betriebsklima und Wertschätzung als wichtigste Bindungsfaktoren

Unternehmen, die in Zeiten von Fachkräfte- und Mitarbeitendenmangel erfolgreich sein wollen, müssen nicht nur erfolgreich rekrutieren, sondern die oft aufwändig rekrutierten Mitarbeitenden möglichst langfristig binden. Die Basis hierfür ist eine marktgerechte Entlohnung. Aber es gibt auch eine ganze Reihe weiterer Erfolgsfaktoren und Themen, die erfüllt sein sollten. Die großen Zwei neben dem Gehalt sind: Das Betriebsklima mit besonderem Fokus auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Flexibilität und Work-Life-Balance sowie das persönliche Verhältnis zu den Führungskräften und der Wunsch nach einem fairen Umgang, Wertschätzung und der Anerkennung der eigenen Leistung. Im Optimalfall wird das Verhältnis zu den eigenen Mitarbeitenden von der Unternehmensleitung als ein durch die Führungskräfte vermitteltes kooperatives Miteinander gesehen. Flexible Rahmenvereinbarungen und eine Grundhaltung, in der die Herausforderungen der Mitarbeitenden (in Grenzen) auch die Herausforderungen des Unternehmens sind, führen zum Erfolg.

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