Selbstmanagement & Wellbeing

Besser lernen

Foto: Barbara Lochmann
Lust statt Frust: Barbara Lochmann, systemischer Business Coach aus Bad Tölz, gibt sieben Tipps.

1. Selbsteinschätzung

Wer weiß, wo seine Stärken und Schwächen liegen, lernt besser. Haben Sie Organisationstalent? Dann hilft Ihnen ein ausgeklügelter Lernplan. Zeichnen Sie gerne? Dann nutzen Sie das für die Visualisierung des Lernstoffs. Lassen Sie sich leicht ablenken? Dann schalten Sie das Smartphone stumm, wählen Sie einen ruhigen Lernort. „Indem wir uns unsere Stärken und Schwächen bewusst machen, ergreifen wir eine aktive Rolle“, sagt Lochmann. „Und wer handlungsfähig ist, ist lernfähiger.“

2. Körper

„Nur wenn unser Gehirn optimal versorgt ist und wir mental bereit sind, können wir effizient und zielgerichtet lernen“, so Lochmann. Ausreichend Flüssigkeit, gesunde Ernährung, Bewegung und frische Luft schaffen gute Ausgangsbedingungen für das Leistungsvermögen unseres Gehirns. Ausreichend Schlaf und gute Laune ebenfalls.

3. Konzentration

„Je besser wir uns beim Lernen konzentrieren können, desto effizienter nutzen wir die verfügbare Zeit“, erklärt Lochmann. „Heutzutage ist das für immer mehr Menschen schwierig.“ Sie rät, sich zunächst die eigene Konzentrationsfähigkeit bewusst zu machen. Zwischen den Phasen hoher Konzentration sollten zudem kurze Pausen liegen, um zum Beispiel an die frische Luft zu gehen, sich zu bewegen oder kurz zu lüften. „Um die Konzentration zu steigern, bieten sich zum Beispiel Über-Kreuz-Übungen an, weil sie beide Gehirnhälften anregen“, sagt Lochmann: Der Daumen tippt nacheinander alle Finger an, vom Zeigefinger bis zum kleinen Finger und wieder zurück – erst langsam, dann schneller. Dasselbe macht man nun auch mit der anderen Hand. Dann beide Hände synchron, und als Steigerung gegenläufig, also links mit dem Zeigefinger starten, rechts mit dem kleinen Finger beginnen.

4. Motivation

Es wird immer wieder Momente geben, in denen Sie keine Lust zum Lernen haben, weil der Tag schon stressig genug war. „Dann sollten Sie sich bewusst machen, welches Ziel Sie mit dem Lernen erreichen wollen“, so Lochmann. „Malen Sie sich aus, wie es ist, dieses Ziel erreicht zu haben, und ziehen Sie daraus neue Motivation.“ Ganz wichtig für die Motivation sind auch Erfolge beim Lernen, das Gefühl, ein Etappenziel erreicht zu haben. Das können Sie bereits bei der Lernorganisation berücksichtigen, (solch) ein Ziel aber auch konkret während einer Lerneinheit festlegen.

5. Lernstrategie

Jeder lernt anders, deshalb ist es wichtig, die passende Strategie zu finden: Lernen Sie durch bloßes Beobachten? Müssen Sie den Stoff lesen? Müssen Sie ihn sich selbst schriftlich erarbeiten? Hilft es Ihnen, mit anderen darüber zu diskutieren oder einem Laien den Stoff zu erklären? Lernen Sie besser mit Bildern, die Sie mit Themen assoziieren? „Wichtig sind auch Wiederholungen des Stoffs“, sagt Lochmann. „Sonst gelangt das Gelernte nur ins Kurzzeitgedächtnis.“ So eine Wiederholung könnte in folgendem zeitlichen Zyklus erfolgen: nach einer Stunde, nach einem Tag, nach einer Woche, nach einem Monat, nach einem halben Jahr, nach einem Jahr.

6. Unterstützung

Eine Weiterbildung als Erwachsener wird schnell zur Herausforderung, weil sie Zeit erfordert, die dann im Berufs- oder Privatleben fehlt. „Wir meinen oft, dass wir alles selbst schaffen müssten, und halsen uns dann zu viel auf“, meint Lochmann. „Wer vorab bereits nach Möglichkeiten der Entlastung sucht, schützt sich davor.“ Deshalb sollten Sie das Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten suchen, um mit ihm konkrete Entlastungsmöglichkeiten zu besprechen. Dasselbe gilt für das Privatleben – Familie und Freunde helfen oft gerne, müssen aber auch erfahren, wie Sie am besten zu unterstützen wären.

7. Lernorganisation

Verschaffen Sie sich früh einen Überblick über den Lernstoff und schätzen Sie den Zeitbedarf möglichst realistisch ein. Dann können Sie einen Stundenplan für sich erstellen und auch Zeitpuffer einplanen, falls es mal nicht läuft oder etwas dazwischenkommt. „Gerade bei Erwachsenen spielt das Zeitmanagement eine wesentliche Rolle, denn Zeit ist ein knappes Gut“, sagt Lochmann. „Wer sich gezielt Zeitfenster fürs Lernen schafft, lernt fokussierter und mit zunehmender Routine.“

„Besser beim Wissenstransfer“

Erwachsene sind keine schlechten Lerner, sagt Barbara Schellhammer, Professorin an der Hochschule für Philosophie München. Sie lernen nur anders als Kinder.

Barbara Schellhammer, Professorin an der Hochschule für Philosophie in München.
Barbara Schellhammer ist Professorin an der Hochschule für Philosophie in München, wo sie den Lehrstuhl Intercultural Social Transformation innehat und das Zentrum für Globale Fragen leitet. Foto: Privat

Frau Schellhammer, in Ihrem Buch*) vertreten Sie eine für Erwachsene ermutigende These: „Hans lernt später anders, aber er lernt, manches sogar besser als Hänschen.“ Das müssen Sie uns erklären!
Die Bereitschaft, sinnfrei zu lernen, ist bei Erwachsenen viel weniger ausgeprägt als bei Kindern. Erwachsene lernen zudem viel stärker im Kontext ihrer Lebenserfahrung als Kinder. Soll heißen: Sie lernen nicht das in einem Buch präsentierte Wissen auswendig, sondern fragen sich, was der Buchinhalt zum Beispiel mit ihrem Beruf oder der politischen Situation zu tun hat. Bei diesem Transfer sind sie aber besser als Kinder.

Ich kann also morgen mit Persisch beginnen – und werde mich im Prinzip nicht schwerer tun als ein Schüler?
Es kommt auf die Form des Lernens und auf die Motivation an. Was Erwachsenen schwerer als Kindern fällt, ist die massive Anhäufung von Wissen im Kurzzeitgedächtnis. Ein Oberstufenschüler tut sich viel leichter damit, von heute auf morgen 100 Vokabeln zu pauken als ein Erwachsener. Lebt aber ein Erwachsener mit jemandem zusammen, der Persisch spricht, dann kann er die Sprache genauso gut erlernen. Es gibt dann im Ergebnis kaum Unterschiede.

Wenn die Lernfähigkeit nicht vom Alter abhängt, von was hängt sie dann ab?
Entscheidender sind soziokulturelle und lernbiografische Faktoren. Hat man zum Beispiel als Kind schlechte Erfahrungen in der Schule gemacht oder ist womöglich mit dem Mantra aufgewachsen „nicht sprachbegabt“ oder „unmusikalisch“ zu sein, dann hemmt das die Lernfähigkeit auf diesen Feldern auch im Alter. Das kann sich auch im fortgeschrittenen Alter zum Beispiel in Prüfungsangst äußern oder in einem ständigen Hinauszögern der Prüfungsvorbereitung.

Hat ihre Art zu lernen auch Nachteile für Erwachsene?
Ja. Müssen sie eine völlig neue Methode oder Herangehensweise erlernen, die der eigenen – verinnerlichten – zuwiderläuft, dann tun sie sich schwer. Ich vergleiche das gerne bildhaft mit Autobahnen und Trampelpfaden. Es ist schwierig im erwachsenen Gehirn neue Trampelpfade anzulegen, wenn es bereits eine bequeme Autobahn gibt. Das kindliche Gehirn dagegen kennt noch keine Autobahnen, daher tun sich Kinder leichter, neu angelegte Trampelpfade immer wieder zu nutzen, bis sie zur Autobahn werden.

Woher stammt der weitverbreitete Glaube, dass Erwachsene sich beim Lernen schwertun?
Da kommen vermutlich mehrere Dinge zusammen. Lernen wird mit Schule assoziiert, oft negativ. Zudem gelten Erwachsene als „fertig“, da passt die Vorstellung vom Lernen nicht so recht dazu. Es gibt allerdings auch unbestreitbare Nachteile, die Erwachsene gegenüber Kindern haben, etwa beim Erlernen motorischer Herausforderungen. Und letztlich ist die These vom Erwachsenen, der beim Lernen gegenüber Kindern benachteiligt ist, ja auch sehr bequem: Wenn es eh nicht geht, muss ich ja auch nichts am Ist-Zustand verändern.

Michael Vogel

*) Barbara Schellhammer: Wie lernen Erwachsene (heute)? Eine transdisziplinäre Einführung in die Erwachsenenbildung, Beltz 2017

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