„Die schnellste Art Motivation aufzubauen? Sich Ziele setzen und Pläne machen.“

Herr Prof. Gollwitzer, was ist Motivation?
Am einfachsten ist Motivation zu begreifen, wenn man sich die Motivationspsychologie anschaut und die Versuche, die mit Tieren durchgeführt wurden. Sie gehen der Frage nach: Wann ist ein Tier motiviert, von A nach B zu laufen? Wenn der Weg machbar ist, wenn das Tier hungrig ist und wenn am Ziel ein attraktives Futter liegt. Damit habe ich alle drei Faktoren der Motivation benannt: die Erwartung, das Bedürfnis und den Anreiz.
Welche inneren Faktoren beeinflussen unsere Motivation?
Das Bedürfnis nach Kompetenz, Autonomie (I can do it my way) und sozialen Beziehungen. Mitbedenken müssen wir auch die Machbarkeit. Damit sind wir bei den Fertigkeiten, den Skills. Kann eine Person die notwendigen Handlungen ausführen, um Ziele zu erreichen, die ihre Bedürfnisse befriedigen? Wenn mir Fertigkeiten fehlen, dann sollte ich mich zunächst um deren Erwerb kümmern.
Und welche äußeren?
Bildlich gesprochen: das Futter, das in der Zielbox liegt. Schmeckt das Futter nicht, ist der äußere Anreiz zu niedrig. Auch interpersonelle Dinge beeinflussen unsere Motivation. Viele Ziele erreichen wir nicht, weil uns andere dazwischenfunken. Darüber hinaus müssen situative Einflüsse bedacht werden. Ein Kind macht beispielsweise mit Spaß die Hausaufgaben. Funktioniert der Laptop plötzlich nicht mehr, geht die Motivation verloren.
Intrinsische Motivation vs. extrinsische Motivation: Was hat es damit auf sich?
Intrinsische Motivation ist so definiert, dass man Spaß hat beim Streben nach dem Ziel, der Weg dorthin bereitet bereits Freude. Wir reden von extrinsischer Motivation, wenn das erstrebte Handlungsergebnis (Ziel) so attraktiv ist, dass es als Anreiz genügt. Viele Angestellte haben keinen Spaß an ihrer Arbeit, weil sie sie als zu mühevoll empfinden. Etliche Unternehmen denken dann zuerst an extrinsische Motivation und wollen das Problem durch höhere Bezahlung lösen. Liegt ihr Fokus dagegen auf der intrinsischen Motivation, werden sie die Arbeit und den Weg zum Ziel interessanter gestalten wollen. Und die Angestellten werden intensiv arbeiten, weil es ihnen Freude macht. Es geht also auch ohne erhöhten extrinsischen Anreiz. Um dieses Thema gibt es eine riesige Diskussion. Einige Motivationspsychologinnen und -psychologen vertreten die Ansicht, dass Menschen den intrinsischen Spaß an einer Tätigkeit verlieren, wenn sie dafür bezahlt werden. Andere wiederum haben herausgefunden, dass sie sich noch mehr freuen, wenn sie dafür bezahlt werden. Was genau bedingt, dass das eine oder andere passiert, muss noch erforscht werden.

Was sind starke Motivatoren?
Manche Menschen haben ein sehr hohes Leistungsmotiv, sie wollen Aufgaben erfolgreich lösen. Sie wollen wissen, ob sie etwas können und wollen stolz darauf sein. Daher sind sie besonders motiviert, wenn die Aufgabe einen mittleren Schwierigkeitsgrad hat, also weder zu leicht noch zu schwer ist. Denn dann lernen sie über sich selbst, wie gut sie im Lösen dieser Aufgaben sind. Wäre die Aufgabe zu leicht, können sie nicht stolz sein, wäre sie zu schwer, können sie nicht erfolgreich sein und somit auch nicht stolz sein. Im Gegensatz zu leistungsmotivierten Personen sind sozialmotivierte an Tätigkeiten wie beispielsweise Altenpflege oder Musiktherapie interessiert, die ihnen helfen, Beziehungen aufzubauen und zu erhalten. Was für die jeweilige Person ein starker Motivator ist, hängt also sehr von den individuellen Motiven ab.
Wie hängen Motivation und Stressresistenz zusammen?
Hier gilt es zu unterscheiden, ob jemand durch Angst oder durch Hoffnung auf Erfolg motiviert ist. Wenn leistungsorientierte Personen mit großer Hoffnung auf Erfolg eine stressbehaftete, anspruchsvolle Aufgabe bearbeiten, sind sie hoch motiviert; jetzt können sie beweisen, wie gut sie wirklich sind. Ist die Person dagegen angstmotiviert, will sie Misserfolg vermeiden. Dies dürfte unter Stress schwieriger werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie Fehler macht, steigt, und dann geht die Motivation runter.
Wie motiviere ich mich selbst?
Die schnellste Art, eine starke und persistente Handlungsbereitschaft aufzubauen, besteht darin, sich spezifische Ziele zu setzen und Pläne zu machen, wie man dieses Ziel erreichen will. Um ein Musikstück zu erlernen, brauchen Sie ein Handlungsziel: Ich möchte im kommenden Monat mehr üben als im letzten Monat. Dann brauchen Sie einen Plan, der das Wann, Wo und Wie spezifiziert. Wann? Wenn ich nach Hause komme. Wo? Im Raum, wo mein Klavier steht. Wie? Ich beginne, wo ich das letzte Mal aufgehört habe.
Dann machen Sie ein sogenanntes Wenn-dann-Statement: Wenn ich von der Arbeit nach Hause komme, dann gehe ich in den Keller, setze mich ans Klavier und beginne mit dem dritten Teil des Stückes. Sie übersetzen die Motivation, ein bestimmtes Musikstück zu erlernen, in ein Handlungsziel (mehr üben als sonst) und addieren einen Plan, wie Sie dieses Ziel erreichen wollen.
Wie motiviere ich ein Team?
Die Forschung zeigt, dass sich ein Team miteinander wohl fühlen muss. Allzu viel Wettbewerb bringt nichts. Wichtig ist, sich gegenseitig zu unterstützen. Wenn jemand sieht, dass anderen die Mittel oder Zeit fehlen, um ein Ziel zu erreichen, dann muss er oder sie einspringen und helfen. Dies muss für alle verpflichtend sein.
Was tun, wenn die Motivation im Job nachlässt?
Pausen einlegen. Wir erschöpfen uns, wenn wir zu intensiv, zu oft und zu lange arbeiten. Dieses „innerer Schweinehund“-Geschwätz und dass man sich nur ein bisschen mehr peitschen muss, ist ein Schmarren.
Drei der wichtigsten Motivationstheorien im Überblick
Die Maslow’sche Bedürfnishierarchie

Sie zählt zu den bekanntesten Motivationstheorien. Abraham Maslow identifizierte fünf aufeinander aufbauende Kategorien von Bedürfnissen: physiologische Bedürfnisse, Sicherheitsbedürfnisse, soziale Bedürfnisse, Achtung und Selbstverwirklichung.
Maslow ging davon aus, dass ein einmal befriedigtes Bedürfnis nicht mehr dazu dient, den Menschen weiter zu motivieren. Dann ist das nächsthöhere Bedürfnis die treibende Kraft. Die Maslow'schen Bedürfnisse lassen sich in zwei Kategorien einteilen: in die sogenannten Defizitbedürfnisse, die die ersten vier Stufen seiner Bedürfnispyramide darstellen, und die Wachstumsbedürfnisse, die die höchste Stufe (= Selbstverwirklichung) bilden.
Zwei-Faktoren-Modell von Herzberg
Kern von Frederick Herzbergs Theorie ist die Unterscheidung zwischen Motivatoren und Hygienefaktoren, die Zufriedenheit und Unzufriedenheit auslösen.

Motivatoren wie Erfolg, Anerkennung, Aufstieg, Verantwortung können Zufriedenheit bewirken. Hygienefaktoren wie Gehalt, Arbeitsbedingungen, Verwaltungsprozesse, Überwachung lösen keine Zufriedenheit aus. Wären sie jedoch nicht erfüllt, würden sie zu Unzufriedenheit führen. Herzbergs Modell erklärt, warum finanzielle Anreize allein keine anhaltende Motivation erzeugen können. Seine Theorie beeinflusste die Idee des Job Enrichments wesentlich. Danach werden Tätigkeiten zum Beispiel durch größere Verantwortung oder weniger Kontrolle so gestaltet, dass die Zufriedenheit steigt.
Das Porter-Lawler-Modell

Das komplexe Modell von Lyman Porter und Edward Lawler, das zu den Prozesstheorien der Motivation zählt, untersucht den Zusammenhang zwischen der Arbeitsleistung und Arbeitszufriedenheit.
Bestimmt wird die Motivation am Arbeitsplatz zum einen davon, dass besondere Bemühungen zu verbesserter Arbeitsleistung führen. Und zum anderen davon, dass gute Arbeitsleistungen zu den Zielen führen, die für die betreffende Person wichtig sind.
Annette Frank
Weiterführende Links
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Prof. Peter M. Gollwitzer
https://www.leopoldina.org/fileadmin/redaktion/Mitglieder/CV_Gollwitzer_Peter_D.pdf -
Leopoldina
https://www.leopoldina.org/leopoldina-home/ -
Universtität Konstanz
https://www.uni-konstanz.de/ -
New York University
https://www.nyu.edu/