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Was treibt Sie an?
Diese Frage gehört zu den Klassikern im Vorstellungsgespräch. Doch wie relevant ist sie heute noch und wie sollte sie beantwortet werden? Eine Umfrage unter vier HR-Entscheiderinnen und -Entscheidern.
Jochen Mai: Keynote Speaker, Berater sowie Gründer und Geschäftsführer des Erfolgsblogs „die Karrierebibel“
„Grundsätzlich kann man sagen, dass das Thema Motivation in den Personaletagen an Bedeutung gewonnen hat. Wie stark Bewerberinnen und Bewerber für das, was sie tun möchten, brennen, wiegt sogar schwerer als die jeweiligen fachlichen Qualifikationen. Daher hat die Klassikerfrage ‚Was treibt Sie an?‘ für mich auch kein Verfallsdatum. Im Gegenteil: Sie ist relevanter denn je. Denn anhand dieser Frage können Personalerinnen und Personaler prüfen, wie überzeugt Bewerbende davon sind, diesen nächsten beruflichen Schritt zu gehen und wie sie sich bereits mit dem Job auseinandergesetzt haben. Die Frage appelliert an die intrinsische Motivation, die idealerweise für die kommenden Jahre im Job möglichst hoch sein soll. Denn sie wird sicherlich auch auf die Probe gestellt werden, beispielsweise wenn’s zwischen Mitarbeitenden und Vorgesetzten mal knirscht. Menschen, die durch das, was sie gerne und mit Hingabe tun, angetrieben werden, halten das durchaus aus.
Bewerbende brauchen also keine Angst vor einem Seelen-Striptease zu haben. Denn mit dieser Frage wollen HR-Entscheiderinnen und -Entscheider nur allerletzte Zweifel beseitigen, bevor sie sich für einen Kandidaten oder eine Kandidatin entscheiden.“
Christa Stienen: Chief People Officer beim Transport- und Logistikunternehmen Hellmann Worldwide Logistics
„Aus meiner langjährigen Erfahrung als CHRO kann ich mit Bestimmtheit sagen: Es geht heute bei Bewerbungsgesprächen außer um die eigentliche Besetzung des Jobs immer immer auch darum, den neuen Mitarbeitenden eine echte Perspektive zu geben. Bei der Frage danach, was Kandidaten und Kandidatinnen wirklich antreibt, müssen sich beide Seiten daher darüber im Klaren sein, dass es hier auf Ehrlichkeit und Offenheit ankommt. Leider ist das auch bei Führungskräften nicht immer eine Selbstverständlichkeit. Bewerberinnen und Bewerber hingegen sollten sich ebenfalls ernsthaft darüber Gedanken machen, was ihnen künftig wirklich Spaß macht, sie täglich wieder aufs Neue motiviert und wohin sie sich entwickeln möchten.
Anstatt ‚Was treibt Sie an?‘ frage ich daher auch häufiger ‚Was wollen Sie erreichen?‘, ‚Wofür stehen Sie?‘. Damit ich das Wertegerüst sowie die Haltung der potenziellen neuen Mitarbeitenden besser verstehen und einordnen kann. Mir geht es um den Purpose, die Person und ihre Wünsche. Das steht klar im Vordergrund und nicht das Formale.“
Nino Kupusovic: Department Manager Internal Recruiting beim Personalberatungsunternehmen Hays
„Der Aspekt der Motivation spielt im Gespräch mit den Bewerbenden für die interne Rekrutierung eine zentrale Rolle. Mit der Frage ‚Was treibt Sie an?‘ möchten wir in erster Linie herausfinden, was genau den Bewerbenden Spaß macht und was sie wirklich motiviert – und zwar im privaten wie im beruflichen Umfeld. Young Professionals berichten dann häufig von privaten Ereignissen oder vom Studium, da sie natürlich aus dem eigentlichen Berufsleben noch wenig Erfahrungen vorweisen können. Wenn uns ein Absolvent oder eine Absolventin beispielsweise berichtet, er oder sie habe das Studium im Ausland aus der eigenen Tasche finanziert, sagt das schon sehr viel darüber aus, wie zielorientiert die Person ist und wie sie die eigenen Ziele verwirklicht. Das hätten wir beim Blick auf den Lebenslauf allein nie herausbekommen. Der eigene Antrieb in Bezug auf Zielsetzung und Zielerreichung ist für uns sehr wichtig, denn wir sind eine Vertriebsorganisation. Ein zweiter Aspekt, auf den wir bei dieser Frage achten: Harmonieren die genannten Treiber der Bewerbenden mit der vorgesehenen Position? Oder wären sie vielleicht auf einer anderen Position mit einem anderen Anforderungsprofil besser aufgehoben? Ein großer Vorteil für uns ist, dass das Gros der Bewerbenden offen und ehrlich darüber spricht, was sie wirklich bewegt und antreibt. Sie sagen auch klar, was sie nicht wollen. Auch ein wichtiges Indiz für uns, um zu verstehen, welche Arbeitsform jenseits eines 9-to-5-Jobs motivierend auf die Person wirkt.“
Anja Michael: Chief People Officer beim Softwareanbieter zvoove
„Die Frage nach dem persönlichen Antrieb im Bewerbungsgespräch sollten weder Personalverantwortliche noch die Bewerbenden selbst zu schnell abtun. Warum? Die Antwort auf diese Frage kann in zweierlei Hinsicht einen wertvollen Aufschluss darüber geben, inwieweit die psychologischen Grundbedürfnisse eines Kandidaten oder einer Kandidatin im neuen Job erfüllt werden. Vereinfacht ausgedrückt, geht es darum, sich zugehörig zu fühlen, aber gleichzeitig auch als einzigartig wahrgenommen zu werden.
Auf das Arbeitsumfeld übertragen, bedeutet das: Jemand fühlt sich beispielsweise mit Teamarbeit wohl, braucht aber gleichzeitig eine besondere Aufgabenstellung. Beide Bedürfnisse sollten im Bewerbungsgespräch idealerweise schon aus der Frage ‚Was treibt Sie an?‘ abgeleitet werden können. Das ist enorm wichtig, um von Anfang an zu verstehen, welche Aufgaben Kandidatinnen und Kandidaten lieben, welche Interessen und Stärken sie gerne einbringen würden und wofür sie anerkannt werden möchten. Denn nur wenn beides zusammenspielt, sind Mitarbeitende dauerhaft motiviert.“
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