Arbeitswelt & Karriere

Innovations­führerschaft­ – hier entlang!

Frau, die in ihren Händen einen Kompass hält
Foto: © Adobe Stock
Wie erfolgreich Unternehmen innovative Ideen generieren und umsetzen, ist nicht zuletzt eine Frage von Organisation und Führungsstil. Um Innovationsführerschaft zu erlangen, benötigen Führungskräfte nicht nur Weitsicht, sondern auch Mut und Einfühlungsvermögen.

Alle lieben den Fortschritt, doch keiner mag Veränderung, wusste schon Mark Twain. Für Isabell Welpe, Professorin für Strategie und Organisation an der Technischen Universität München, ist klar warum: „Veränderung ist ein Wagnis, bei dem ich mich heute mit Sicherheit anstrengen muss, davon aber erst in der Zukunft und ohne Garantie profitiere“, sagt sie. Beispiele für erfolglose Change-Projekte gäbe es zudem in unzähligen Unternehmen, so Welpe. Kein Wunder also, wenn Beschäftigte oft keine Lust haben, vertraute Prozesse und Methoden aufzugeben, Neues zu lernen und ihre Arbeitsweise zu verändern.

Der Haken an der Sache: Stillstand ist für Unternehmen in einer von Innovationsdruck und permanentem Wandel geprägten VUCA-Welt keine Option. Laut einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung McKinsey erwarten Führungskräfte in Unternehmen, dass die Hälfte des Umsatzes in fünf Jahren aus Produkten, Dienstleistungen oder Geschäftsbereichen stammen wird, die heute noch gar nicht existieren. Langjährige Erfolgsfaktoren wie eine starke Marke, geschützte Vertriebswege, ein streng regulierter Markt oder ein kapitalintensives Geschäftsmodell böten nicht länger Schutz vor innovativen Wettbewerbern mit disruptiven Geschäftsideen, sondern könnten schlimmstenfalls sogar zum Innovationshindernis werden, warnt Isabell Welpe. „Die Liste ehemaliger Technologie- oder Marktführer, die an mangelnder Innovationsfähigkeit und Veränderungsbereitschaft gescheitert sind, wird immer länger“, sagt sie.

Innovationen erfordern Mut

Innovationsführerschaft erfordere einen innovativen Führungsstil, heißt es auch bei der Unternehmensberatung McKinsey. In Experteninterviews hat ein Beratungsteam vier Führungsqualitäten identifiziert, die Innovationen begünstigen. Um effektiv durch den Wandel zu steuern, benötigen Führungskräfte die Einsicht, zu erkennen, was wirklich wichtig ist, den Mut, schwierige Herausforderungen schnell anzunehmen, Agilität, um den eingeschlagenen Kurs bei Bedarf zu ändern, und Integrität, um Vertrauen und Überzeugungskraft aufzubauen.

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine aktuelle Studie des international tätigen Beratungs- und Forschungs­unternehmens Potential Project, wonach Weisheit und Mitgefühl wichtige Attribute erfolgreicher Führung sind. Unter Weisheit verstehen die Autorinnen und Autoren der Studien dabei die Einsicht und den Mut, zu tun, was getan werden muss – auch wenn es schwierig ist. Zum Mitgefühl gehöre neben Einfühlungsvermögen auch Zuwendung, also die Bereitschaft zur aktiven Unterstützung der Mitarbeitenden. Daten aus weltweit mehr als 5.000 Unternehmen würden belegen: Wer über beide Führungsqualitäten verfüge, schneide bei wirtschaftlichen Kennzahlen wie Engagement und Leistungsbereitschaft seines Teams deutlich besser ab als andere Chefinnen und Chefs.

Keine Angst vor guten Ideen

Veränderungsbereitschaft und Innovationskraft lassen sich nicht von oben verordnen – darin sind sich Führungscoaches und Organisationsberatungen einig. Stattdessen gelte es, Mitarbeitende darin zu bestärken, eigene Lösungen zu finden, und so das Potenzial jedes einzelnen Teammitglieds auszuschöpfen. Das gelingt am besten in einem Umfeld ohne Angst: Wenn Mit­arbeitende befürchten müssten, für neue Ideen und Vorschläge kritisiert und verspottet oder für Flops persönlich abgestraft zu werden, hielten sie lieber den Mund, sagt Amy Edmondson, Professorin für Leadership und Management an der US-Elitehochschule Harvard. Vorrangige Aufgabe von Führungskräften sei es deshalb, für psychologische Sicherheit im Team zu sorgen. „Zahlreiche Studien belegen ganz klar, dass psychologisch sichere Teams leistungsstärker und innovativer sind“, sagt Edmondson. Wie das geht? In vielen Studien hat die Psychologin und Bestseller-Autorin eine weitere wichtige Führungseigenschaft identifiziert: die Bescheidenheit, offen einzugestehen, dass man selbst nicht unfehlbar sei und die Heraus­forderungen von morgen nur gemeinsam mit einem starken, engagierten Team lösen könne.

„Veränderung gelingt nicht nebenbei“

Isabell Welpe ist Professorin für Strategie und Organisation an der Technischen Universität München TUM.

Prof. Dr. Isabell Welpe forscht im Bereich Leadership, Innovation und Organisation.
Isabell Welpe ist Professorin für Strategie und Organisation an der Technischen Universität München TUM. Foto: © Prof. Dr. Isabell Welpe

Sie forscht aus einer verhaltenswissenschaftlichen Perspektive im Bereich Leadership, Innovation und Organisation, unter anderem in den Bereichen digitale Transformation von Unternehmen, die Auswirkungen von Blockchain auf Wirtschaft und Organisationen sowie die Zukunft von Führung und Arbeits-/Organisationsgestaltung. 

Innovation erfordert Offenheit, Raum für kreative Ideen, eine klare Strategie und ausreichende Ressourcen, sagt sie.

Frau Professorin Welpe, um zu bestehen, benötigen Unternehmen Innovationen. Wo kommen die her? Aus der Forschungs- und Entwicklungsabteilung?

Ja, aber nicht nur von dort. Besonders wichtig und in Deutschland noch nicht überall verstanden ist es, nicht nur an technische Innovationen zu denken, sondern vor allem an Geschäftsmodell- und Wertschöpfungsinnovationen. Erfolgreiche neue Konzepte entstehen oft aus sogenannten „Pain Points“ von Kundenunternehmen. Wer ein Kundenproblem auf innovative Weise lösen kann, erschließt damit künftige Einnahmequellen. Innovative Ideen können also aus allen Unternehmensbereichen und sogar von außen stammen.

Wie zapfen Unternehmen externe Innovationsquellen an?

Indem sie sich physisch und digital nach außen öffnen. Zum Beispiel durch Co-Working Spaces, in denen nicht nur Menschen aus unterschiedlichen Bereichen des Unternehmens sondern auch von außerhalb zusammenkommen. Aber auch durch Hackathons und Ideenwettbewerbe, die Zusammenarbeit mit Freelancern oder gemeinsame Forschungsprojekte mit anderen Unternehmen oder Hochschulen.

Wie kann ich als Führungskraft das Innovationspotenzial meines Teams entfalten?

Innovation entsteht aus Kreativität. Diese erfordert Spielraum. Den können Sie zum Beispiel erhöhen, indem Sie versuchen, mit möglichst wenigen Regeln auszukommen. Dort, wo es nicht um Menschenleben oder strategisch zentrale Ressourcen des Unternehmens geht, sollten Sie versuchen, ihren Talenten schöpferische Freiheit zu lassen und Lösungen lieber bottom-up zu entwickeln als top-down vorzugeben.

Wie werden aus vielen guten Ideen am Ende erfolgreiche Innovationen?

Für erfolgreiche Innovationsprojekte benötigen Führungskräfte eine klare Strategie. Sie können nicht alles gleichzeitig umsetzen, sondern müssen Prioritäten setzen. Wenn im Team entscheidende Fähigkeiten fehlen, entstehen zudem oft Ängste und Widerstände. Veränderungen gelingen in der Regel nicht nebenbei, sondern erfordern ausreichend zeitliche und finanzielle Ressourcen.

Kirstin von Elm

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