Zukunft & Innovation

Wie Innovations­management gelingt

Illustration, wie Innovationsmanagement gelingt
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Agile Methoden und Open Innovation sind gekommen, um zu bleiben. Sie ergänzen sich im Innovationsprozess teils ideal. Wichtig ist, sich nicht auf bestimmte Ansätze zu versteifen, sondern die Methodik immer an die Aufgabe und das Team anzupassen.

In Mehrparteienhäusern und Unternehmen sorgen sie für mehr Disziplin: Müllcontainer, die sich nur mit Chipkarte öffnen lassen. So ist sichergestellt, dass nur Berechtigte ihren Müll entsorgen. Solche Chipkarten nutzte auch der Mittelständler emz-Hanauer mit Sitz im oberpfälzischen Nabburg. Doch die Technik ist in der Anschaffung relativ teuer und in der Handhabung umständlich. Das Umwelttechnikunternehmen hat das System daher durch eine App-basierte Lösung ersetzt. Entstanden ist der „Smartphone-Schlüssel“ in einem internen Innovationsprojekt, begleitet durch einen externen Coach. Das Innovationsteam war heterogen. Es bestand aus Vertriebs- und Technikmitarbeitenden, aber auch aus Mitarbeitenden, die sehr produkt- und marktfern waren. Für die Entwicklung des Smartphone-Schlüssels nutzte das Team eine agile Methode; Kundinnen und Kunden waren dadurch von Anfang an eng eingebunden.

Agile Methoden simulieren das Nutzungsverhalten

Die Bedeutung agiler Methoden im Innovationsmanagement hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen, weil sie durch ihre iterative, flexible und auf Kundinnen und Kunden zentrierte Vorgehensweise rasch verwert­bare Ergebnisse liefern. „Das liegt zum einen daran, dass für manche agile Methoden eine sehr wirkungsvolle Marketingmaschinerie existiert“, sagt Henryk Stöckert, Partner bei der Berliner Innovationsberatung Tom Spike. Er hat dabei besonders das Design Thinking im Blick. „Aber agile Herangehensweisen sind tatsächlich immer dann sinnvoll, wenn ich mich nicht so gut auskenne, etwa bei den Wünschen der Kundinnen und Kunden. Agile Methoden simulieren sozusagen das Nutzungs­ver­halten.“ Klassische Techniken wie Benchmarking oder SWOT-Analysen seien zwar weiterhin wichtige Bausteine, aber lieferten „keine Methoden für Innova­tionsprojekte“. Wichtig sei, so Stöckert, dass Unternehmen Agilität nicht mit Strukturlosigkeit gleichsetzten. „Ein Innovationsprozess mit definierten Abläufen und Zuständigkeiten hat trotz Agilität seine Berechtigung!“ Sonst verliert man womöglich Vorgaben und Ziel aus den Augen.

Bianca Prommer hält es für möglich, dass Agilität irgendwann durch einen anderen Begriff abgelöst wird, aber auch sie ist überzeugt: „Der Zweck der Agilität, der bleibt.“ Schließlich werde sich an der Grundanforderung – möglichst rasch tragfähige Ergebnisse für neue Produkte, Geschäftsmodelle, Services oder Prozesse zu finden – nichts ändern. Prommer ist Inhaberin der Innovationsberatung GrowFact mit Sitz in der Nähe von Graz. „Es gibt eine zweistellige Zahl von Innovationsmethoden, agil und nicht agil“, sagt sie. „Wichtig ist es daher, dass die gewählte Methode jeweils zur Aufgabenstellung und zum Team passt.“ Geht es darum, ein Geschäftsmodell zu entwickeln? Oder geht es eher um Strategisches? Soll ein Produkt verbessert oder ein Service neu aufgesetzt werden? Solche Fragen können Innovationsteams nicht stur mit derselben Methode bearbeiten. „Jedes Unternehmen sollte sich daher einen Methodenkoffer zulegen, um die verschiedenen Innovationsarten abzudecken“, empfiehlt Prommer.

Illustration, offener Innovationsprozess
Illustration: © Adobe Stock

Closed Shop war gestern: Viele Unternehmen öffnen den Innovationsprozess nach außen

Wenn Agilität als das eine Schlagwort im modernen Innovationsmanagement gilt, so ist Open Innovation das andere. Die Idee: den Innovationsprozess nach außen zu öffnen, um von neuen Sicht- und Denkweisen oder ganz konkret von Wissen zu profitieren. „Außen“, das kann im Minimalfall „nur“ ein anderer Geschäftsbereich im Konzern sein, meistens gemeint sind jedoch Kunden, Lieferanten oder Forschungseinrichtungen. Der Mittelständler Solit Finance aus Bergisch Gladbach hat sich vor einigen Jahren durch Open Innovation ein neues Produktfeld erschlossen. Das Unternehmen berät die Finanzwirtschaft bei Management- und IT-Fragestellungen. Sein Portfolio war darauf ausgelegt, auf Problemstellungen und Anfragen der Banken zu reagieren. Dabei gab es durchaus Ideen für eigene Softwareprodukte, allerdings weder die personellen noch die finanziellen Mittel für deren Entwicklung.

Deshalb holte sich Solit Finance Partner aus seinem Netzwerk mit ins Boot. Der Vorteil: Da die Partnerorganisationen eigene Projekte in der Finanzwirtschaft betreuten, erfuhren auch deren Kundenunternehmen von den neuen Ideen und gaben weitere Anregungen für die Ausgestaltung der Produkte. Die Partnerunternehmen erhalten nun die Erlöse aus dem Verkauf der Softwareprodukte, abzüglich ausgehandelter Vertriebsspannen. Solit Finance hat das Alleinvertriebsrecht für die Produkte. Eine klassische Win-win-Situation.

„Auch Open Innovation wird nicht mehr verschwinden“, sagt Bianca Prommer. „Gerade bei agilen Methoden, bei denen die Kundinnen und Kunden miteinbezogen sind, geht Open Innovation oft problemlos Hand in Hand.“

Agile Methoden

Es gibt viele agile Methoden für den Innovationsprozess. „Gemeinsam ist ihnen die systematische Herangehensweise aus Problemerfassung, Ideengenerierung, Ideenbewertung und Umsetzung – und zwar iterativ, um schnell Erfolge zu erzielen“, sagt Bianca Prommer, Inhaberin der Innovationsberatung GrowFact in der Nähe von Graz. Wie oft eine bestimmte Methode zum Einsatz kommt, lässt sich kaum sagen.

Das an der Stanford University entstandene Design Thinking dürfte derzeit aber mit Abstand die gängigste sein. Die Methode basiert auf der Annahme, dass sich Probleme besser lösen lassen, wenn Menschen unterschiedlicher Disziplinen zusammenarbeiten. Sie hilft, ein Problem aus Sicht der Kundinnen und Kunden zu bearbeiten, ohne dabei die Erfordernisse von Markt und Produkt aus den Augen zu verlieren – bis zum Prototyp.

Im Gegensatz zu Design Thinking ist Design Sprint starrer im Konzept und zeitlich enger angelegt, nämlich auf fünf Tage. Die Methode stammt von Google und enthält Elemente verschiedener agiler Vorgehensweisen. Wie beim Design Thinking bezieht man Kundinnen und Kunden in den Prozess mit ein. Am Ende liegt auch hier ein Prototyp vor.

Weitere wichtige agile Methoden sind Lean Startup und – vor allem in der Softwareentwicklung – Scrum. Lean Startup wurde von dem Unternehmer Eric Ries entwickelt. Schnelles Prototyping und häu­figes Feedback der Kundinnen und Kunden stehen auch hier im Vordergrund. Scrum dagegen definiert die Rollen in Software­entwicklungs­­projekten neu. Anwendungsnah formuliert wurde es maßgeblich von Jeff Sutherland.

Kurz gesagt, greift Scrum den Missstand auf, dass Software­projekte vorab kaum abschließend zu definieren sind. Daher sind
iterative, inkrementelle Schritte, sogenannte Sprints, sinnvoller, die immer wieder zu einem aus­lieferbaren Produkt führen.

Open Innovation

Das Wissen der Vielen ist immer umfangreicher beziehungsweise spezifischer als das Know-how, das in einem einzigen Unternehmen versammelt ist. Dieser Devise folgend, beziehen Unternehmen, die Open Innovation betreiben, Externe in ihren Innova­tionsprozess ein. „Ein Einstieg kann eine Einladung an enge Kundinnen und Kunden sein, um mit diesen strukturiert zu besprechen, was ihre Bedürfnisse sind“, sagt Bianca Prommer, Inhaberin der Innovations­beratung GrowFact in der Nähe von Graz. „Dies kann zum Beispiel im Rahmen eines Design-Thinking-Workshops geschehen.“ Wichtig dabei sei, dass die Externen das Gefühl bekommen, „wirklich die Wahrheit sagen zu können“. Ähnliche Veranstaltungen lassen sich natürlich mit Liefer­unternehmen oder Forschungspartnerinnen und -partnern durchführen.

Aufwändiger sind Ideenwettbewerbe. Erfolgen sie rein digital, muss das ausschreibende Unternehmen eine aktive Community haben, etwa in den Social Media, sonst hat so ein Schritt nur wenige Chancen auf Erfolg. In der Softwarewelt werden Ideenwettbewerbe auch als Hackathons bezeichnet, bei denen geladene Teams Prototypen für ein spezifisches Problem entwickeln und präsentieren. Auch mit einer Hochschule, etwa mit Studierenden aus einem passenden Studiengang, sind Ideenwettbewerbe möglich.

Die offenste Form der Open Innovation sind sicherlich dedizierte Crowdsourcing-Plattformen, die Wettbewerbe und Probleme ausschreiben – verbunden mit der Aufforderung an die weitgehend unbekannte Community, Lösungsansätze zu entwickeln. Bei allen Formen der Open Innovation gilt: Es bedarf bestimmter Anreize, damit jemand mitmacht. Mag bei McDonald’s vor einem Jahrzehnt dafür bereits soziale Anerkennung als Versprechen genügt haben, wenn man sich eine neue Burger-Kreation ausdachte, funk­tio­nieren in anderen Feldern oft nur direkte oder indirekte monetäre Anreize.

Michael Vogel

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