Professionell Netzwerken ist kein Kaffeekränzchen

„Professionell Netzwerken ist kein Kaffeekränzchen“
„Du bist die Summe der fünf Menschen, mit denen du dich am meisten umgibst.“
Wir alle wissen, wie wichtig ein wirkungsvolles Netzwerk für uns ist, beruflich wie privat. Meist offenbart sich die Stärke des eigenen Netzwerks erst in Zeiten eines Jobwechsels oder einer persönlichen Veränderung – dann nämlich, wenn man es am dringendsten benötigt.
Mein persönlicher Schlüsselmoment dazu war im Jahr 2010. Ich war gerade Mutter geworden und wollte nach fünf Monaten Elternzeit zurück in den Job, und zwar in Vollzeit. „Willst du das wirklich?“ „Und ist die Kita auch die richtige für deine Tochter?“ wurde ich aus meinem Umfeld häufig gefragt. Das ärgerte mich, denn ich war mir meiner Sache ganz sicher und wünschte mir eher Zuspruch und Mut. Die Frage nach der richtigen Kita stellte sich mir auch gar nicht: Ich war froh, überhaupt einen Platz erhalten zu haben. Mein persönlicher Bekanntenkreis bestand offensichtlich aus Familien mit klassischer Rollenverteilung. Wo waren die arbeitenden Mütter, die so tickten wie ich? Ich musste mein Netzwerk dringend verändern! Über eine gute Freundin, die ebenfalls gerade Mutter geworden war, erfuhr ich von dem Verein Working Moms, einem Karrierenetzwerk für Mütter, dem ich sehr schnell beitrat. Bei den monatlichen Clubabenden traf ich interessante Frauen, die genau wie ich beides wollten: Familie und Karriere. Jetzt hatte ich auf einmal ein persönliches Netzwerk zu Au-Pair-Angeboten, Nannies und anderen Unterstützungsmöglichkeiten und Austausch mit Gleichgesinnten, aber auch Verbindungen zu Frauen in Führungsrollen anderer Unternehmen – wertvolle Kontakte für mein strategisches Netzwerk.
Ein gutes Netzwerk ist also die Summe und Vielfalt der Personen, die mich weiterbringen. Personen, die mir Türen öffnen und mir Kontakte verschaffen, die ich allein nicht gefunden hätte.
Der Sinn und Zweck des Netzwerkens leuchtet uns allen ein und trotzdem vernachlässigen wir es immer wieder. Herminia Ibarra, Professorin für Organisationsverhalten an der London Business School und Bestsellerautorin, stellt die provokante These auf, dass gerade Führungskräfte besonders schlecht im Netzwerken sind. Das liegt ihrer Meinung nach aber nicht an mangelnden Fähigkeiten des Einzelnen, sondern am fehlenden Verständnis dafür, wie man eine berufliche Community aufbaut. Denn dafür bedarf es auch Zeit und die fehlt Managern und Managerinnen bekanntlich am meisten.
Doch wie schaffe ich mir nun ein professionelles Netzwerk?
Professionelles Netzwerken bedeutet zielgerichtet gute Beziehungen zu Schlüsselpersonen auf- und auszubauen, die dich persönlich und beruflich jetzt und in Zukunft weiterbringen.
Diese Definition enthält drei Elemente:
- Zielgerichtet, d. h. ich habe ein Ziel (Jobwechsel, Aufbau von Know-how, Zugang zu Gruppen mit speziellem Fachwissen etc.)
- Schlüsselpersonen, die mich in meiner Zielführung weiterbringen, sogenannte Hubs (oder „Superspreader“), die mir neue Kontakte liefern und damit Durchschlagskraft haben. Personen, die mir Input und Ratschläge geben können usw.
- Gegenwart UND Zukunft – es geht darum, meinen Job jetzt gut zu machen, es geht aber auch um zukünftige potenzielle Entwicklungsfelder. Themenkreise, mit denen ich jetzt noch keine Berührung habe, aber nach meiner Beförderung, nach einem Change im Unternehmen.

Mein Netzwerk ist die Summe und Vielfalt der Personen, die mich weiterbringen. Es ist mein Kanal, durch den ich wirken kann, meine persönliche Wettbewerbsfähigkeit. Je besser mein Netzwerk ist, desto besser kann ich Botschaften platzieren und desto besser ist meine Durchschlagskraft. Jedes Produkt verkauft sich nur so gut, wie sein Kanal ist. Warum geht eine Botschaft im Netz viral? Nicht weil der Inhalt der Botschaft so brillant ist, sondern weil der Kanal so gut ist, durch den sie „gejagt“ wurde.
Es geht hierbei nicht nur um das „persönliche“ Netzwerk, über das wir schnell verfügen, weil wir als soziale Wesen „Gleichgesinnte“ suchen, die unsere Interessen, Werte und Emotionen teilen. Es geht auch um das „operative“ und „strategische“ Netzwerk.
Das operative Netzwerk ist businessbezogen und viele Führungskräfte im Unternehmen haben eine stabile operative Community, die ihnen hilft, Aufgaben zu erledigen. Das operative Netzwerk besteht aus Personen des unmittelbaren Tagesgeschäfts: Mitarbeitende am Empfang, Peers, Menschen die Informationen vermitteln und Know-how besitzen. Wer operativ gut netzwerkt, denkt oft, dass er generell gut im Netzwerken ist, weil ja alles optimal läuft im Hier und Jetzt. Aber was ist, wenn sich etwas verändert? Wenn ich morgen in einer anderen Niederlassung arbeite, oder in einen anderen Bereich oder in ein anderes Unternehmen wechsle? Wenn sich mein Netzwerk auf das operative beschränkt, hilft es mir bei Veränderungen nicht weiter – ich habe viele blinde Flecken.
Hier hilft nur ein strategisches Netzwerk. Es besteht aus einem Mix aus internen und externen Beziehungen und Kontakten. Das strategische Netzwerk hat eine große Hebelwirkung, weil es auch auf andere Bereiche Einfluss nimmt – jenseits meines Wirkungsbereichs, meines operativen Geschäfts. Es strahlt viel weiter. Ich sage gerne an der Stelle: Das sind die Kontakte, die einem die Augen öffnen, einen über den Tellerrand blicken lassen und für Aha-Momente sorgen.
Ganz in diesem Sinne haben wir bei Hays vor gut einem Jahr ein Frauen-Karriere-Netzwerk ins Leben gerufen. Unser Ziel ist es, Frauen zu fördern und durch Impulse den kulturellen Wandel im Unternehmen weiter voranzutreiben. Die Resonanz bei gut 40 % weiblichen Führungskräften und Expertinnen im Unternehmen ist groß, mittlerweile sind wir bereits über 100 Frauen. Monatlich finden digitale Lunch-Termine mit Key-Note-Speakern statt oder Breakout-Rooms für Speed Dating. Erste Projektgruppen widmen sich den Themen Mentoring und Außenauftritt über Social Media. Mit diesem Netzwerk wollen wir den Anstoß geben, aktiv aufeinander zuzugehen, regelmäßig Zeit zu investieren, Kontakte zu pflegen und neue aufzubauen, damit das eigene Netzwerk wächst – und man selbst auch. Denn: „Wer immer tut, was er schon kann, bleibt der, der er immer war“.
Wie sind Ihre Erfahrungen mit Networking? Und glauben Sie, dass Frauen anders netzwerken als Männer? Wenn ja, welche Umstände spielen dabei eine Rolle? Ich bin gespannt auf Ihr Feedback und melde mich gerne in einem Follow-up zu diesem Thema.