Unternehmen & Märkte

Marketing ist kein Low-Budget-Skill mehr

Ach, wie gern hätten so manch nostalgisch veranlagte Contentmanagerinnen und -manager die gute, alte Marketingwelt zurück: klare Verhältnisse in Gestalt von homogenen, trennscharf segmentierten Zielgruppen und schlagkräftigen Kampagnenfahrplänen. Und dazu die passenden Budgets.

Doch diese Zeiten gehören in der aktuellen Marketingpraxis längst der Vergangenheit an. Nicht nur, weil aus den homogenen Zielgruppen von einst eine diffuse Ansammlung von Bubbles, Meinungsmache und vielschichtigen Kontaktpunkten geworden ist, sondern auch, weil diese häufig in homöopathischen Dosen ausgewertet werden müssen.

Nachfrage nach Marketing-Disziplinen bricht ein

Vor allem entwickelt sich die Marketing-Disziplin immer mehr zum Kostenblock, der in Krisenzeiten reduziert oder gar aussortiert werden muss. Das zeigt sich mehr als deutlich am aktuellen Hays Fachkräfte-Index für das dritte Quartal 2022. Die Nachfrage nach gestandenen Marketingmanagerinnen und -managern kennt hier seit dem zweiten Quartal nur eine Richtung: abwärts. Das zeigt der Nachfrageeinbruch von -10 auf -23 Prozentpunkte. Im Online-Marketingbereich sieht es ähnlich aus: Talfahrt um 17 Prozentpunkte. Aber auch das ansonsten so gehypte Berufsfeld der Contentmanagerinnen und -manager hat 13 Prozentpunkte eingebüßt. Ähnlich verhält es sich beim projektbezogenen Einsatz von Vermarktungsexpertinnen und -experten. Aufgrund der hohen Volatilität innerhalb dieses Marktsegments machen sich die Einbrüche sogar noch stärker bemerkbar. Diese externen Vermarktungsfachkräfte werden gerne angeheuert, wenn es beispielsweise um eine orchestrierte Performance crossmedialer Marketingaktivitäten geht, oder aber schnell erfahrene Dialog-Spezialistinnen und -spezialisten her müssen, um die nächste E-Mail oder Social-Media-Kampagnen erfolgreich auf den Weg zu bringen. Interessant dabei ist, dass das Gros der Entscheidungsbefugten trotz kalkulierbarer Kosten und hoher Flexibilität beim Einsatz der externen Fachkräfte auf der Bremse steht.

In der Krise ins Marketing investieren

Denn anstatt jetzt antizyklisch vorzugehen, um die Marketingprozesse und Ressourcen perspektivisch und planungstauglich anzulegen, werkeln viele kundenorientierte Abteilungen meist unabhängig voneinander und situativ getrieben vor sich hin. Dabei sollte klar sein: Es sind die Krisen, in denen sich Marktanteile verschieben, weshalb genau dann in das Marketing investiert werden sollte. Stattdessen werden wertvolle Chancen vergeben. Dabei lechzen fähige Marketingfachkräfte geradezu danach, Datenberge über neue Zielgruppen systematisch zu sammeln und auszuwerten sowie Kundenerwartungen in allen Verästelungen zu verstehen. Die Marktsituation selbst, also die Inflation, liefert dafür den besten Nährboden. Denn es geht darum, bei den Kundinnen und Kunden eine breite Akzeptanz für gestiegene Preise zu erwirken.

Hochqualifizierte Fachkräfte haben ihren Preis

Mit anderen Worten: Unternehmen müssen gerade jetzt um die neue Preisgestaltung eine attraktive Nutzenargumentation bauen, um neue Bedarfe zu generieren und ihre Produkte markttauglich zu halten. Die vermarktungsstrategischen Ableitungen sind die Kerndisziplin eines guten Marketingprofis. Allerdings haben diese Fachkräfte auch ihren Preis. In der Festanstellung liegen die Jahresbruttogehälter aktuell zwischen 95.000–130.000 EUR für eine Führungskraft im Marketing; ein Marketing-Analyst kommt in diesem Bereich ebenfalls auf bis zu 60.000 EUR. Kompetenzschwerpunkte wie diese müssen für Unternehmen das strategische und analytische Schwungrad sein, das die veränderte Zielführung in der Kundenkommunikation steuert und damit gleichwertig neben den High-Performern aus anderen Unternehmensbereichen rangiert. Vor diesem Hintergrund macht es für Unternehmen absolut keinen Sinn, die Marketingabteilung zum reinen Costcenter erodieren zu lassen und Budgets bis zur Schmerzgrenze zu reduzieren.

Karrieretipps für berufserfahrene Marketing- und Contentmanagerinnen und -manager

  1. Eigenes Qualifikationsprofil prüfen – es muss nicht immer das Betriebswirtschaftsstudium mit Schwerpunkt Marketingmanagement sein. Heute zählt mehr denn je die Spezialisierung (z. B. digitale Kompetenzen). Berufserfahrene Vermarktungs- und Content-Fachkräfte können ihren Marktwert durch zusätzliche IT-Kenntnisse steigern.
  2. Gutes Methodenwissen aneignen – oft heißt es, dass Arbeitsbedingungen und Gehalt bei Marketing- oder Kreativ-Agenturen zu wünschen übrig lassen. Das mag vereinzelt so sein, allerdings hat die berufliche Station in einer Agentur meist den Vorteil, dass man sich in kurzer Zeit viel Projekt- und Methodenwissen aneignet. Diese Kenntnisse können gute Differenzierungsmerkmale im Lebenslauf sein.
  3. Gehaltstreiber identifizieren – wir befinden uns in einem Kandidatenmarkt. Das heißt, dass die Nachfrage das Angebot an fähigen Top-Kräften in Vermarktungsbereichen übersteigt. Positive Vorzeichen also für die eigenen Gehaltsverhandlungen. Viele Firmen sind aber erst bereit, 5 bis 10 Prozent mehr Gehalt zu zahlen, wenn Kandidatinnen und Kandidaten signalisieren, dass sie weitere attraktive Jobangebote vorliegen haben.

Dieser Artikel wurde ursprünglich auf W&V Online veröffentlicht.

Von Florian Lauber und Silvia Hänig

 

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