Erfolgsfaktor Diversity

Über Diversity und Inclusion wird heute viel gesprochen – auch bei Hays. In den letzten dreieinhalb Jahren haben wir intensiv daran gearbeitet, Vielfalt fest im eigenen Unternehmen zu etablieren. Nun möchten wir den nächsten Schritt gehen und den Kulturwandel auch außerhalb aktiv mitgestalten. Deshalb führen wir „Diversity & Inclusion Consulting“ als neues Beratungsangebot ein.
Seit 14 Jahren arbeite ich als Personalberaterin und weiß: Gerade kleinen und mittelständischen Unternehmen fehlt es oft an Know-how und Ressourcen, ein strategisches Diversity Management aufzubauen. Dabei ist Vielfalt und Offenheit der beste Weg, dem Fachkräftemangel aktiv zu begegnen und sich als attraktives Unternehmen zu positionieren. Ich freue mich deshalb sehr, dass ich jetzt das passende Beratungsangebot mit aufbauen darf. In meiner neuen Funktion kann ich das Know-how aus meinem sozialpädagogischen Studium perfekt mit meiner langjährigen Führungserfahrung im Recruiting von Fachkräften verbinden.
Wenn ich von meinem neuen Job erzähle, erlebe ich unterschiedliche Reaktionen. Vielen Menschen liegt das Thema Vielfalt und Fairness genau wie mir sehr am Herzen. Ich höre aber auch Sätze wie: „Oh nein, müssen wir bei dir jetzt alles gendern?“ Oder: „Toll, dass du für uns Frauen eintrittst!“ Nicht alle verstehen auf Anhieb, warum Diversity so ein wichtiges und vielschichtiges Thema ist, bei dem es um mehr geht als Geschlechtergerechtigkeit.

Vielfalt ist mehr als ein Human Case
Ich kann das nachvollziehen. Auch für mich ist und bleibt Diversity ein fortwährender Lernprozess. Doch gleichzeitig steht für mich fest: Niemand sollte in einer modernen Gesellschaft und Arbeitswelt benachteiligt werden. Das gilt für Männer und Frauen, für Alte und Junge, für Menschen mit unterschiedlichen Hautfarben oder Religionszugehörigkeiten, für Menschen mit und ohne Behinderung. Das heißt jedoch nicht, dass Vielfalt ein reiner Human Case ist. Im Gegenteil: Bei Diversity handelt es sich um einen handfesten Business Case. Denn wer als arbeitgebendes Unternehmen attraktiv, innovativ und wettbewerbsfähig bleiben will, braucht ein vielfältiges Team mit vielfältigen Erfahrungen und Sichtweisen. Nur so kann es auf Dauer gelingen, im Wettbewerb um Talente erfolgreich zu bestehen.
Denn der Fachkräftemangel ist nicht mehr wegzudiskutieren und sorgt schon heute in vielen Unternehmen für Handlungsbedarf. Fachlich qualifizierte Kandidatinnen und Kandidaten aufgrund bestimmter demografischer Merkmale und Hintergründe zu ignorieren – bewusst oder unbewusst, weil gerade in der Rekrutierungssituation viele Bias mitschwingen –, kann sich in Zukunft kein Unternehmen mehr leisten. Selbst wenn das den meisten Personalentscheiderinnen und -entscheidern in der Theorie klar ist, erlebe ich täglich, dass es an der praktischen Umsetzung noch hapert.

Diversity beginnt beim Recruiting
Unser neues Beratungsangebot setzt deshalb bei der Stellenausschreibung an. Nicht selten werden in Jobofferten Anforderungen wie „exzellentes Deutsch“ oder „Führerschein Klasse B“ formuliert – aus Gewohnheit und ohne zu bedenken, dass bestimmte Zielgruppen so unnötig abgeschreckt werden. Mein Rat: Fach- und Personalabteilung sollten vorher gemeinsam überlegen, wo sie Abstriche machen können. Muss die erfahrene App-Programmiererin wirklich vom ersten Tag an fehlerfreies Deutsch sprechen? Oder genügt auch passables Englisch? Und warum nicht in den Führerschein oder eine andere Fortbildung investieren, wenn der menschliche und fachliche Gesamteindruck ansonsten positiv ist? Wer bereit ist, in Vorleistung zu gehen, gewinnt vielleicht sogar ein besonders engagiertes Teammitglied, das beispielsweise nach einer dramatischen Flucht oder einer langen Reha dankbar für die Chance ist.
Viele Menschen schätzen Flexibilität
Flexibilität und Diversity sind eng miteinander verknüpft. Zahlreiche Umfragen belegen zwar, wie wichtig flexible Arbeitsmöglichkeiten sind. Trotzdem denken längst nicht alle Unternehmen daran, entsprechende Angebote bereits in der Stellenausschreibung zu erwähnen – auch wenn die ausgeschriebene Position mobiles Arbeiten oder flexible Zeiteinteilung zulassen würde. So vergeben sie unnötig Chancen. Denn die Option, von zuhause aus zu arbeiten, spricht nicht nur berufstätige Mütter und Väter an, sondern beispielsweise auch Menschen mit körperlichen Einschränkungen. Oder Menschen, die zuhause einen Angehörigen pflegen. Oder ganz einfach Menschen, die zu weit weg leben, um jeden Tag ins Büro zu kommen.

Gelebte Vielfalt und Toleranz
Was die Stellenanzeige vermittelt, sollte sich durchgängig im Rekrutierungsprozess wiederfinden. Um sicherzustellen, dass alle eingehenden Bewerbungen unvoreingenommen geprüft werden, müssen sich Recruiting und Fachabteilungen zuvor auf objektive, relevante Beurteilungskriterien verständigen und diese bei der Auswahl natürlich auch konsequent anwenden. Das erfordert anfangs oft Übung – genau wie eine offene und tolerante Gesprächsatmosphäre in den Vorstellungsgesprächen. Idealerweise sollten Bewerberinnen und Bewerber schon hier auf Personen treffen, die die Diversität des Unternehmens widerspiegeln. Oft empfehle ich ein Unconcious Bias-Training, denn ohne äußeren Impuls fällt es meist schwer, unbewusste Handlungs- und Entscheidungsmuster zu erkennen und abzulegen.
Fazit: Diversity ist keine lästige Pflichtübung, sondern ein kritischer Erfolgsfaktor. Je weniger divers das eigene Team bisher aufgestellt ist, desto wichtiger sind ehrliches und direktes Feedback, Selbstreflexion und Veränderungsbereitschaft. Diversity Recruitment ist ein mehrstufiger dynamischer Prozess, der regelmäßiger Vor- und Nachbereitung bedarf. Doch die Mühe lohnt! Unternehmen, die sich bereits im Recruiting-Prozess offen und vielseitig geben, erweitern nicht nur sofort den Kreis der Bewerberinnen und Bewerberkreis, sondern steigern langfristig ihre Attraktivität als arbeitgebendes Unternehmen. Vor allem Jüngere finden Diversity & Inclusion am Arbeitsplatz zunehmend wichtig – das stellen wir auch im eigenen Unternehmen fest. Was versprochen wird, muss allerdings auch gehalten werden. Deshalb müssen sich Unternehmen öffnen und ihre Mitarbeitenden bestmöglich in deren unterschiedlichen Lebensentwürfen unterstützen.