Arbeitswelt & Karriere

Quiet Quitting und Employee En­gage­ment: Das müssen Sie wissen

Quiet Quitting – ein Phänomen am Arbeitsplatz, das zunächst auf der Social-Media-Plattform TikTok erwähnt und dort vielfach diskutiert wurde. Inzwischen ist das Schlagwort in aller Munde.

Wenn Sie in den letzten Wochen online die Nachrichten verfolgt oder einen Blick in eine Zeitung geworfen haben, dann stehen die Chancen nicht schlecht, dass Ihnen der Begriff „Quiet Quitting“ schon einmal begegnet ist. Es handelt sich dabei um ein Phänomen am Arbeitsplatz, das zunächst auf der Social-Media-Plattform TikTok erwähnt und dort vielfach diskutiert wurde. Inzwischen ist das Schlagwort in aller Munde.

Für manche Arbeitnehmende bedeutet Quiet Quitting (zu Deutsch etwa „stilles Kündigen“), dass sie sich weigern, im Berufsleben mehr zu tun, als sie unbedingt müssen. Es ist eine Absage an die Kultur der Arbeitshektik. Für andere wiederum bedeutet es, Grenzen zu setzen, um ihre Work-Life-Balance zu verbessern.

Ich habe bereits ausführlich dargelegt, wie sehr sich unsere Arbeitswelt in den letzten Jahren verändert hat. Die Covid-19-Pandemie hat dazu geführt, dass sich die Prioritäten der Menschen verändert haben. Vor diesem Hintergrund haben viele von uns die Ansprüche an ihr Leben und an ihre Arbeit neu bewertet.

Genau wie das „Große Kündigen“ rückt auch Quiet Quitting nun in den Vordergrund – teilweise aufgrund der oben erwähnten Veränderungen. Einige Experten sind sogar der Ansicht, dass Quiet Quitting die nächste Stufe des Großen Kündigens darstellt. Während einige die Kündigung komplett vollziehen, entscheiden sich andere dafür, im Stillen zu kündigen. Dies geschieht, indem man Grenzen zieht und nur noch genau das tut, was der Job erfordert.

Was aber bedeutet Quiet Quitting für Ihr Unternehmen? Woher wissen Sie als Führungskraft, ob sich Mitarbeitende in Ihrem Unternehmen mit diesem Thema auseinandersetzen und ob es möglicherweise das Engagement Ihrer Angestellten beeinträchtigt? Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass dies der Fall ist. Die Frage ist also: Sind Sie gewappnet, das Problem anzugehen?

Quiet Quitting und Produktivität

Wir alle möchten, dass sich unsere Beschäftigten der Arbeit, die sie tun, zu jeder Zeit verbunden fühlen. Angesichts der globalen Wirtschaftslage benötigen wir mehr denn je engagierte und motivierte Mitarbeitende. Das bedeutet aber natürlich nicht, dass wir von unseren Angestellten erwarten sollten, dass sie sich überarbeiten und ein Burnout riskieren.

Das Bureau of Labor Statistics hat in diesem Zusammenhang Folgendes ermittelt: „Es ist richtig, dass das Produktivitätsniveau zuletzt zurückgegangen ist. In den USA ist die Produktivität der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft im zweiten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 2,5 Prozent gesunken. Das ist der stärkste jährliche Rückgang seit 1948.“

Im Jahr 2021 stagnierte die Arbeitsproduktivität weltweit. Daran wird sich aller Voraussicht nach auch in diesem Jahr nichts ändern. „Das fehlende Produktivitätswachstum im Jahr 2022 ist zum großen Teil auf die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine zurückzuführen. […] Darüber hinaus werden die anhaltenden Auswirkungen der Pandemie, die sich in einem verlangsamten Wachstum des Güterkonsums und der Aktivitäten des Dienstleistungssektors mit unterdurchschnittlichen Produktivitätsniveaus niederschlagen, die Wachstumsraten im Jahr 2022 wahrscheinlich negativ beeinflussen“, so die Analyse der Non-Profit-Organisation The Conference Board.

Wie erkenne ich Quiet Quitting in meinem Unternehmen?

Führungskräfte und Entscheidungstragende sollten zunächst prüfen, ob Quiet Quitting in ihrem Unternehmen ein Problem darstellt. Doch gibt es dafür überhaupt eindeutige Anzeichen?

In einem aktuellen Interview mit dem Wirtschaftsmagazin Forbes nannte Joe Galvin, Chief Research Officer bei Vistage Worldwide, die folgenden Anzeichen, die einen Quiet Quitter charakterisieren:

  1. „Andauerndes Distanzierungsverhalten
  2. Leistung nur bis zum Mindestleistungsstandard
  3. Isolation von anderen Teammitgliedern
  4. Rückzug aus allen nicht erforderlichen Gesprächen, Aktivitäten oder Aufgaben
  5. Teilnahme an Meetings ohne Wortmeldungen oder sonstige Aktivitäten
  6. Teammitglieder berichten von einem plötzlichen Anstieg ihrer Arbeitslast, weil sie Rückstände kompensieren müssen.“

Kommt Ihnen das eine oder andere dieser Probleme – sei es bei Führungskräften oder Angestellten – bekannt vor? Wenn ja, dann ist es an der Zeit, sich mit den Gründen dafür zu beschäftigen.

Was kann ich tun, um das Engagement meiner Belegschaft (Employee Engagement) zu verbessern?

Wie auch immer man es definieren mag: Quiet Quitting sollte ein Thema sein, dessen sich Führungskräfte bewusst sind – und in einigen Fällen sollten Konzepte erarbeitet werden, um diesem Phänomen zu begegnen. Meine Kolleginnen und Kollegen von Hays Australia haben sich kürzlich mit Quiet Quitting beschäftigt und dargelegt, wie sowohl Unternehmen als auch Arbeitskräfte dem Problem begegnen können. In dem Text heißt es: „Der Schlüssel zur Förderung des Employee Engagement liegt in einer motivierenden Führung, die es den Mitarbeitenden ermöglicht, eine Arbeit zu verrichten, die sie als bedeutsam empfinden. Wichtig ist außerdem, für gute Beziehungen innerhalb des Teams und des gesamten Unternehmens zu sorgen.“

Und weiter: „Es wird immer deutlicher, dass wir alle Teil eines Teams sein möchten, das wichtige Aufgaben erfüllt. Als Führungskraft spielen Sie eine entscheidende Rolle bei der Schaffung eines inklusiven Arbeitsplatzes mit einer motivierenden Begleitkultur, die den Arbeitskräften das Gefühl gibt, dass sie einen wertvollen Beitrag zu einem kollektiven, höheren Ziel leisten können.“

Natürlich ist auch das Gehalt ein wesentlicher Faktor für die meisten Menschen. Für einige Mitarbeitende könnte es somit ein Grund sein, von Überstunden und Mehrarbeit Abstand zu nehmen. Dies ist jedoch nicht immer der Fall.

Die Förderung der Kultur, der Werte oder der Nachhaltigkeitsziele Ihres Unternehmens kann dazu beitragen, die Motivation der Teammitglieder aufs Neue zu entfachen.

Setzen Sie weiterhin auf Flexibilität bei der Arbeit oder haben Sie Ihre Beschäftigten angehalten, wieder ins Büro zu kommen? Die Abschaffung des hybriden Arbeitsmodells könnte bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu Unzufriedenheit führen. In einem früheren Blogbeitrag habe ich bereits auf die Wichtigkeit hybrider Arbeitsmodelle für Unternehmen hingewiesen. Haben Sie Ihr Management und Ihre Arbeitskräfte dabei unterstützt, entsprechende Modelle zu realisieren? Falls nicht, könnte dies ein Grund für Quiet Qitting sein.

Erst kürzlich, am 10. Oktober, war der World Mental Health Day, der Welttag für psychische Gesundheit. Ein idealer Zeitpunkt, um über das Wohlbefinden der Mitarbeitenden nachzudenken. Seit die Covid-19-Pandemie viele Menschen dazu gezwungen hat, von zu Hause aus zu arbeiten und sich zu isolieren, wurde das Thema Burnout immer wieder diskutiert. Quiet Quitting ist zum Teil eine Folge davon – eine direkte Ablehnung der Stress-Kultur. Zwar wollen wir, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter engagiert und produktiv sind, doch ihr gesundheitliches Wohlergehen dabei aus den Augen zu verlieren, ist niemals eine Option. Doch tun Sie wirklich alles, was möglich ist, um Burnout vorzubeugen?

Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage auf der ganzen Welt ist es umso wichtiger, dass Führungskräfte ihre Mitarbeitenden motivieren. Sie müssen dafür Sorge tragen, dass sich Ihre Angestellten gehört fühlen und sich für ihre beruflichen Aufgaben begeistern können. Darüber hinaus müssen die Führungskräfte aber erkennen, dass es beim Quiet Quitting nicht allein um Motivation geht. Haben Sie sich schon einmal ernsthaft die Frage gestellt, ob die Anforderungen an Ihre Beschäftigten wirklich fair sind? Stellen Sie sicher, dass es einen offenen Dialog gibt, in dem die Arbeitskräfte ihre Sorgen über Burnout und Arbeitsbelastung äußern können.

Quiet Quitting: Ist die Zeit für Veränderungen gekommen?

Der entscheidende Faktor in diesem Zusammenhang ist, dass Sie es vermutlich nicht schaffen werden, Ihre gesamte Belegschaft mit einer einheitlichen Strategie zu motivieren. Sicherlich sind nicht all Ihre Angestellten Quiet Quitter. Und die, die es sind, haben wahrscheinlich ganz unterschiedliche Gründe dafür. Da die Welt sich kontinuierlich verändert, entwickeln sich auch die Menschen weiter. Dasselbe muss für ihre Arbeitsplätze gelten.

Der Begriff Quiet Quitting mag neu sein – doch das Phänomen existiert schon seit geraumer Zeit. Kein Unternehmen kann erwarten, alle Arbeitskräfte für immer halten zu können. Wir alle haben zu verschiedenen Zeitpunkten in unserer Karriere neue Herausforderungen gesucht. Zwar ist es essenziell, auf die Bedürfnisse der Belegschaft einzugehen – doch wenn es nicht gelingt, alle Mitarbeitende zu 100 Prozent motiviert zu halten, sollten wir uns das auch nicht zum Vorwurf machen.

Stattdessen sollten wir überlegen, was wir tun können, um unsere Beschäftigten bei Laune zu halten – und zugleich akzeptieren, dass einige von ihnen irgendwann zu neuen Ufern aufbrechen werden.

Zu welchem Ergebnis Sie auch immer gelangen: Es lohnt sich, über die Gründe für Quiet Quitting nachzudenken. Ich bin der Ansicht, dass es wichtig ist, dass Menschen sich gesunde Grenzen bewahren. Grenzen, die ihnen Erfolg im Beruf ermöglichen – aber eben auch im Privatleben.

von Alistair Cox

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