Warum es manchmal besser ist, einen Job nicht anzunehmen

Und dann, nach weiterer intensiver Vorbereitung und souveränen Bewerbungsgesprächen, kommt endlich die lang ersehnte Zusage für einen neuen Job. Warum es manchmal dennoch sinnvoll sein kann, dieses Angebot auszuschlagen, lesen Sie hier.
Exkurs: Intuition versus Fakten und Verstand
Viele Personalentscheidungen werden in Unternehmen immer noch nach Bauchgefühl getroffen, da die bekannten psychologischen Effekte meist unterbewusst wirken. Und ein sehr großer Teil – manche Experten beziffern diesen sogar auf 99 Prozent – unseres scheinbar rationalen Denkens findet unterbewusst statt.
Wenn also die Unternehmensvertreter nicht allein nach Fakten eine Entscheidung treffen, warum Sie? In verschiedenen Experimenten bewiesen Joseph Mikels (DePaul University) und Kollegen, dass komplexe Entscheidungen besser „aus dem Bauch heraus“ getroffen wurden. Begannen die Probanden danach ihre Entscheidung zu überdenken, wurde diese meist schlechter.
Diese Information teile ich deswegen, weil es um Ihre Karriere und Ihren Werdegang geht. Dieser ist persönlich und von vielen Faktoren beeinflusst, die nicht rationalisiert werden können (oder sollten). Ich möchte Sie ermutigen, bei der Jobwahl primär auf Ihre Intuition zu hören.
Gründe, sich gegen einen angebotenen Job zu entscheiden
- Wie eben erwähnt ist ein schlechtes Bauchgefühl nach einem Bewerbungsgespräch ein valider Grund, sich das Angebot zumindest noch einmal genauer zu überlegen. Im Schnitt verbringen Sie bis zu drei Mal je 45 Minuten bis 1,5 Stunden mit diversen Unternehmensvertretern. Im Assessment-Center sogar noch länger. Sicherlich sind Sie angespannt und nehmen einzelne Dinge gegebenenfalls anders auf. Dennoch bin ich überzeugt, dass Sie sich bereits in dieser Zeit einen Eindruck von der Unternehmenskultur machen. Ebenfalls entsteht ein erster Eindruck, ob Sie sich vorstellen können mit dem und für den potenziellen Vorgesetzten zu arbeiten.
- Ein weiterer wichtiger Grund, ein Vertragsangebot abzulehnen, liegt dann vor, wenn Sie im Vertrag plötzlich andere Konditionen vorfinden als diejenigen, die Sie ausgehandelt haben. Oder gar fragwürdige Klauseln. Rufen Sie nochmals beim Unternehmen an, denn Fehler können passieren. Bekommen Sie dort allerdings unzureichende oder gar keine Antworten, so schlagen Sie das Angebot besser aus.
- Reflektieren Sie auch, ob die Unternehmensvertreter während des Jobinterviews – und gegebenenfalls bei Rückfragen Ihrerseits auch danach – auf Ihre Fragen und Bedenken eingegangen sind. Fühlen Sie sich ernst genommen? Oder sind die potenziellen Chefs kritischen Fragen durch Eloquenz und geschickte Aussagen aus dem Weg gegangen
- Fragen Sie im Gespräch auch, wie lange die Stelle schon zu besetzen ist und warum es diese Vakanz im Unternehmen gibt. Wenn Positionen immer wieder ausgeschrieben werden müssen, weil die Fluktuation im Unternehmen hoch ist, wird das meist interne Gründe haben. Diese Gründe müssen nicht zwangsläufig für Sie ausschlaggebend sein. Dennoch werfen die Antworten auf diese Fragen ein Licht auf die Corporate Culture und die Mitarbeiterzufriedenheit.
- Zum Schluss möchte ich noch einen weiteren wichtigen Punkt nennen: Entsprechen die Aufgaben und die Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen Ihren Vorstellungen? Stellenausschreibungen sind oft sehr blumig und weniger aussagekräftig. Einer der am häufigsten genutzten Ausdrücke in Stellenanzeigen ist „u.a.“. Erst im Bewerbungsgespräch bekommen Sie einen Überblick über Ihre Aufgaben, den Stellenwert der Position im Unternehmen und Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten (fragen Sie auch aktiv danach, sollte dieser Punkt für Sie wichtig sein!). Wenn Sie sich mittelfristig nicht in diesen Aufgaben wiedererkennen, so sollten Sie das Vertragsangebot besser ausschlagen.
Dies sind nur einige Gründe, die Sie vor Unterzeichnung eines Vertrages bedenken sollten. Generell gilt: Versuchen Sie, offene Punkte und Fragen bereits im Vorstellungsgespräch zu klären. Wenn Ihnen die Antworten nicht genügen, gehen Sie gerne in die Tiefe. In nahezu jedem Bewerbungsgespräch werden Sie Kontaktdaten von den teilnehmenden Unternehmensvertretern bekommen. Nutzen Sie sie und klären Sie aufkommende Fragen direkt an der Quelle.

Wie lehne ich ein Vertragsangebot richtig ab?
Und wenn Sie zum Entschluss kommen, dass Sie den Job nicht annehmen wollen? Dann sagen Sie dem Unternehmen ab. Bestenfalls persönlich, entweder telefonisch oder per E-Mail. Bleiben Sie dabei höflich und respektvoll, denn sie wissen nie, ob Sie Ihr Gegenüber nochmals an anderer Stelle treffen. Zunächst sollten Sie sich vergegenwärtigen, in welcher Phase Sie sich gegen die Stelle entscheiden. Sofern Sie noch kein Vertragsangebot vorliegen haben und Ihre Bewerbung lediglich zurückziehen, empfehle ich Ihnen das zeitnah zu tun.
Warten Sie also nicht, bis sich das Unternehmen mit einer Entscheidung bei Ihnen meldet. Sobald Sie wissen, dass Sie mit der neuen Aufgabe nicht glücklich werden, rufen Sie entweder direkt im Unternehmen an oder senden Sie eine E-Mail. Bleiben Sie sofern möglich bei der Wahrheit und geben Sie valide Gründe für Ihre Absage an. So könnte diese bspw. lauten:
Guten Tag, Herr/Frau XY,
ich möchte mich nochmals herzlich für die Einladung zum Vorstellungsgespräch am xx.xx. bedanken.
Im Nachgang habe ich mir nochmals eingehend Gedanken zu weiterführenden Informationen, die Sie mir im Bewerbungsgespräch mitteilten, gemacht. Leider bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die besprochene Position nicht zu meiner beruflichen Planung passt.
Ich entschuldige mich für etwaige Unannehmlichkeiten.
Für Ihr Verständnis bedanke ich mich und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
XXX
Sollten Sie bereits ein Vertragsangebot erhalten haben, so formulieren Sie den obenstehenden Text entsprechend um. Meine Empfehlung hierbei ist allerdings – je nachdem, was Ihre Gründe für eine Absage sind –, zunächst fernmündlich eine Absage zu erteilen. Das Unternehmen hat sich für Sie entschieden und kommt Ihnen gegebenenfalls im ein oder anderen Punkt doch noch entgegen.
Denken Sie immer daran: Der Traumjob wartet irgendwo auf Sie. Ein Vertragsangebot ist schmeichelhaft, allerdings genügt das allein nicht, um langfristig bei einem Arbeitgeber glücklich zu werden. Weitere Tipps, wie und wo Sie Ihren Traumjob finden oder wie Sie Ihr Zielgehalt für ein Vertragsangebot verhandeln, finden Sie bei uns im Karriere-Center.